Ausstellung zum Kirchentag Mai 2017 in Mitteldeutschland

Text über Inhalt der Ausstellung zum Kirchentag Mai 2017 in Mitteldeutschland

Ausstellungsteil I • Sichtachsen
Ausstellungsteil II • Hagar und Sarai

ich, HAGAR,

stehe hier in der Wüste. Über mir der Anblick des Himmels –

 

so weit und offen, so leer und doch voller Sterne.

Blickte jemand in mein Innerstes, würde er die Augen nicht vor den Verletzungen verschließen können.

 

Alles in mir hatte sich gewehrt. Ich musste loslassen. Fliehen.

Weg von diesem Ort.

Fort von dieser Schmach.

Der Ungerechtigkeit – der Pein, der Qual,

der Erschütterung, der Unterdrückung.

 

Musste mit ansehen, wie mein Ansehen schwand.

Aber hat mich jemand wirklich angesehen?

Jetzt muss ich sehen, wo ich bleibe.

 

Hier bin ich allein, aber frei: hier ist Luft zum Atmen.

Auch wenn sie so dünn ist, dass ich fast daran vergehe.

 

Meine Seele ist aufgewühlt, fühlt sich ungerecht behandelt, geschunden, missbraucht.

Was blieb mir denn anderes übrig? – – –

– Als mich in meine neue Bestimmung zu fügen?

Was war daran Falsches? Was habe ich übersehen?

 

Ich sah nur die Wichtigkeit meiner Schwangerschaft. Spürte das Leben, das sich in mir regte. Und damit Stolz und ein neues, bis dahin unbekanntes Gefühl von Wahrhaftigkeit.

 

Nun stehe ich hier, – mit geradem Rücken. Aufrecht in der Einsamkeit. Allein.

Unter diesem unendlichem Himmel in dieser unendlichen Wüste.

ich, HAGAR,

und es zerreißt mir das Herz, foltert meine Seele.

War ich mit Blindheit geschlagen?

Ganz tief in mir weiß ich, dass neues Leben nicht falsch sein kann. Ich bin nur das Gefäß, welches diesen Neuanfang für eine Weile bewahren darf. Es behütet, ihm alle Kraft und Liebe gibt, die möglich und nötig ist, damit es sein kann. Das Licht der Welt erblickt.

 

Warum verstößt man mich – mich, die ich lediglich das Hauptaugenmerk meines ganzen Seins auf dieses elementare, einmalige Ereignis gerichtet habe.

Warum sehe nur ich das?

Wer erkennt meinen Zustand?

Wo zeigt sich der offensichtliche Weg?

Wer hebt den Schleier von meinen Augen?

Wer schaut in diesen maßlosen Weiten auf mich? Wer blickt tief in mein Herz?

 

Wer sieht mich?

MONOLOG DER HAGAR

Bildnis Hagar

MONOLOG DER SARAI

Bildnis Sarai

ich, SARAI,

bin des Wartens müde..

 

Mein verheißenes Glück , das mich so lange beseelt hatte, schien nicht ins Leben zu kommen. Die Sekunden, Minuten, Stunden, Tage, Wochen, Monate, Jahre, – ja Jahrzehnte

reihen sich zu schier endlosen Reihen aneinander.

Aus Unglücklich-sein wurde Wut, daraus Fatalismus, daraus Hoffnung

und doch wieder Enttäuschung.

Ich hatte es aufgegeben und schon meinen Frieden gemacht,

als mir dieser Einfall mit Hagar kam.

 


 

Das große Ziel, der Fortbestand der verheißenen Sippe war doch das Wichtigere.
Nicht meine Wenigkeit und Zufriedenheit, oder das Glück einer Mutterschaft.
Ja, ich habe nicht darauf vertraut,
hatte keine unendliche Geduld und nicht den Glauben an eine Erfüllung.

 


 

Warum habe ich nur geglaubt, dass eine andere meine Verheißung erfüllen hätte können?


War ich vielleicht zu müde,

 

zu abgespannt von der langen Lebensfrist

– wie sie mir damals schien –

bereits eigentlich abgesondert von diesen Vorgängen der Natürlichkeit?

 


 

Hätte ich denn ahnen können, dass die Frucht des Leibes meines Mannes Hagar so beseelen und bekräftigen würde, dass sie mich meines Platzes verweisen würde?

 

Warum stellte sich die ganze Ordnung auf den Kopf

– warum fühlte ich mich so, als hätten Himmel und Erde sich gegen mich verschworen?

Was war ich denn plötzlich noch wert,
vom altangestammten Thron der gebürtigen Ehefrau gestoßen?

 


 

Ich musste doch reagieren, wenn ich nicht selber untergehen wollte.
Was hatte sich denn meinen Augen verschlossen,
als ich die Idee dieser möglichen Regelung der Nachkommenschaft sah?
War ich denn mit Blindheit geschlagen bei der Vorstellung einer solchen Zukunft?
War meine Wahrnehmung und mein Verstand so trüb, dass ich die innere Klarheit verloren hatte?


 

Und jetzt,

da ich nicht mehr die Augen verschließen kann,

was für ein Anblick bot sich mir – dass ich nicht hätte reagieren müssen?

 


 

Wird sie zurückkommen aus der Wüste?
Wird sie ein Einsehen haben?
Wird sie sich einsichtig zeigen?